Das Team ist das Ziel

Lauf zwischen den Meeren 2016

Für meine Frau Anja und mich war es die erste Teilnahme am Lauf zwischen den Meeren. Mit je zehn Leuten in zwei Staffeln nahmen wir die Herausforderung an, einmal von Husum an der Nordsee nach Damp an der Ostsee zu laufen.

LzdM kleinEin gewagtes Ziel, mit der geeigneten Organisation jedoch ein leichtes Spiel. Mein Streckenabschnitt verlief von Fleckeby nach Gammelby und der von Anja von Gammelby nach Hemmelmark. Zugegeben, die Norddeutschen haben einen regen Einfallsreichtum, wenn es um Ortsnamen geht. Doch jetzt alles der Reihe nach.

Der Samstag begann es erst mal mit erholsamem Ausschlafen. Unsere Tochter wurde an die Großeltern vergeben und wir hatten den ganzen Tag ohne große Verpflichtungen für uns. Das wurde dann erst mal mit einem schönen ausgiebigen Frühstück auf der Couch gefeiert. André, der die Organisation übernommen hatte, hatte die ungefähre Start- und Übergabezeit jedes einzelnen Läufers ausgerechnet. Mein Startzeitpunkt war auf ca. 15:30 Uhr terminiert. Somit hatten wir schön viel Zeit, um es uns den Vormittag gutgehen zu lassen. Couch sei Dank! Während dessen verfolgten wir das Geschehen der anderen Läufer über WhatsApp. Der erste Schock traf uns dann, als wir lasen, dass der erste Läufer knapp 15 Minuten schneller als geplant war. Jeder Läufer hatte seine etwaige Pace angegeben, und war entweder vom Wettkampf beflügelt, oder hatte die Laufzeit vorher zu verhalten angegeben. Plötzlich brach Torschlusspanik bei uns aus. Komplett unvorbereitet, wegen der plötzlichen Zeitnot, packten wir alles ein, was man zum Laufen benötigen könnte. Alles flog wahllos in eine große Tasche. Schnell noch umziehen und ab ins Auto. Mit Bleifuß ging es ab auf die A7 Richtung Norden. Der ADAC-Gott war uns gnädig und bescherte uns freie Bahn. Auf der Gegenfahrbahn staute es sich derweilen bis zu zehn Kilometer in Richtung Süden. Glück gehabt! Nach etwa zwei Stunden Fahrzeit ging es schon wieder runter von der Autobahn und rein ins Landesinnere. Ein schönes Fleckchen Erde gab es auf der Strecke von der A7 nach Fleckeby zu sehen. Angekommen an unserem Bestimmungsort herrschte dort ein Verkehrsaufkommen wie in einer Großstadt zur Hauptverkehrszeit. Es ging nichts vor oder zurück. Prompt entschieden wir, das Auto gleich am Ortseingang abzustellen und den Rest zu Fuß zu gehen. Immerhin waren wir ja hier um uns laufend zu bewegen.

Es war aber gar nicht viel zu laufen, da waren wir schon am Staffelübergabepunkt. Der Lauf zwischen den Meeren war offensichtlich ein Hauptereignis für Fleckeby. Zahlreiche Schaubuden, ein Schwenkgrill und weitere Attraktionen waren um den Checkpoint aufgestellt. Ein Sprecher rief mit einem Megafon Nummern aus, damit die passenden Läufer zueinander fanden.Ständig kamen Läufer um die Ecke, um den Staffelstab an ihren Folgeläufer zu überreichen. Spätestens jetzt war ich voll angekommen und freute mich total auf den Lauf. Aber es dauerte noch lange bis ich endlich loslaufen durfte. Wir waren in all der Hektik viel zu früh angekommen. Wir trafen auf Birgit und warteten gemeinsam auf ihren Vorläufer. Birgit musste nicht lange warten, da kam schon Beate um die Ecke. Birgit flitzte los und jagte von dannen. Anja und ich blieben zurück und warteten weiter. Nach 30 Minuten sagte ich zu Anja, dass sie schon mal los fahren soll, damit sie rechtzeitig in Gammelby ankommt. Kaum war Anja fort, sah ich Henning erschöpft den letzten Berg erklimmen, mein Staffelpartner war endlich angekommen und es ging los für mich!LzdM low klein

Ich lief erst einige Meter neben Henning her, dann übergab er mir den Staffelstab. Ich hielt ihn schön nah am Boden, damit die Messmatte am Übergabepunkt die Zeit ordentlich erfassen konnte, dann flitzte ich los, wie vom Teufel verfolgt. Die Strecke war traumhaft schön und sehr abwechslungsreich. Es ging zuerst an einem schönen See vorbei, an dem eine angenehme Briese die Sommerhitze abkühlte. Anschließend ging es einen Feldweg entlang, an dem links und rechts von mir gerade das Korn anfing, gelb zu werden. Dort hatte ich bereits erste Läufer überholt, während andere Läufer mich überholt hatten. Es ging Schlag auf Schlag. Plötzlich sah ich keine Läufer mehr vor mir, an denen ich mich orientieren hätte können. Glücklicherweise hatten die Organisatoren an kniffligen Stellen Pfeile auf die Fahrbahn gesprüht oder mit gelb-schwarzem Flatterband die Richtung markiert. Man fühlte sich nie allein gelassen.

Um auf Nummer sicher zu gehen hatte ich vorsichtshalber mein Navi im Handy eingeschaltet, wo ich auch meine Laufroute gespeichert hatte. Jetzt flüsterte eine melodische Stimme stets die Richtung, in die ich laufen musste. Völlig überflüssig, da die Markierungen immer leicht zu erkennen waren. Nachdem Feldweg zu Ende war ging es weiter auf einer ruhigen Landstraße. Die Sonne stand inzwischen schon recht tief und die Bäume der Allee spendeten reichlich Schatten. Auch für die Durstigen wurde gesorgt. Bei Kilometer fünf und sieben stand jeweils die Freiwillige Feuerwehr Gammelby und versorgte die Läufer mit kühlem Wasser. Nochmals ein großes Dankeschön dafür!

Die Landstraße war sehr hügelig. Sie verlief immer wieder auf und ab. Es heißt immer, dass Norddeutschland flach sei, aber für Läufer ist es trotzdem eine Herausforderung. Als die Landstraße um eine Kurve führte sah man auch schon das Ortseingangsschild von Gammelby. Ab diesem Punkt ging es nur noch bergab, ich schickte meine letzte Kraft in die Beine und gab noch einmal alles.

Die Menschen in Gammelby säumten den Weg und ihr Applaus beflügelte mich auf den letzten Metern ins Ziel. Dort wartete bereits Anja auf mich. Ich drückte ihr den Staffelstab in die Hand, während sie mir den Autoschlüssel in die Hand drückte. Ich hatte meinen Teil für das Team getan; das dachte ich zumindest. Ich wollte mich schon an der Wurstbude anstellen, die zur Feier des Laufs in Gammelby aufgestellt worden war.

Doch ich hatte ja noch eine Aufgabe. Ich musste jetzt schnell nach Hemmelmark fahren, um Anja wieder einzusammeln. In der Hoffnung, auch dort eine Wurstbude vorzufinden, holte ich mein Handy hervor und fing an, in dem fremden Ort nach meinem Auto zu suchen. Glücklicherweise hatte mir Anja geschrieben, wo sie es abgestellt hatte. Es dauerte denn auch nicht lange, und ich hatte es gefunden.

Ich tippte schnell den Ort Hemmelmark in mein Navi und fuhr los. Auf dem Weg dorthin führte die Fahrt ein Stück parallel zu den Läufern und ich überholte dabei auch Anja. Ich jubelte ihr kurz zu und fuhr dann schnell zum Zielort. Nicht weit entfernt ging es auf einen unbefestigten Feldweg, auf dem mir viele Autos entgegenkamen. Hier herrschte ein noch größeres Verkehrsaufkommen als in Fleckeby. Ich fuhr so nahe wie möglich an den Staffelpunkt von Hemmelmark heran, den Rest musste ich wieder zu Fuß gehen.

LzdM ziel kleinZu meiner Enttäuschung wurde in Hemmelmark kein großes Fest um den Lauf gemacht und die ersehnte Bratwurst fiel für mich leider aus, da hier keine Stände aufgebaut waren. Der Großteil der Läufer hatte den Wechselpunkt zu diesem Zeitpunkt bereits passiert. Ich suchte am Staffelpunkt nach dem Läufer, der für Anja weiter läuft. Nicht weit entfernt stand Hardy und wartete so wie ich vorher, sehnsüchtig darauf, endlich loszulaufen. Ich startete meine neue App von Davengo, mit der ich Anjas Lauf verfolgen konnte, um zu sehen, wie weit sie noch entfernt war. Ich zeigte Hardy auf dem Handy ihren Standort und wir verfolgten gemeinsam ihren Lauf. Es dauerte noch eine Weile, bis Anja sich der Wechselzone näherte. Als sie nicht mehr weit entfernt war, begann Hardy damit, sich schon mal warm zu laufen. Als er damit fertig war, konnte ich Anja bereits in der Ferne kommen sehen. Dann übergab sie den Staffelstab und war froh, am Ziel zu sein.

Nach einer kurzen Verschnaufpause am Bananen- und Getränkestand hieß es: Auf zum Auto und weiterfahren.

Das nächste Ziel war Damp. Als wir an unserem Auto ankamen stand es ziemlich verlassen am Straßenrand. Die meisten anderen Teilnehmer waren bereits weitergezogen. Wir fuhren jetzt auch weiter zum endgültigen Ziel. Hardy musste derweilen den Staffelstab noch einmal an seine Frau Meike übergeben, die ihrerseits damit direkt zum Ostseestrand in Damp laufen musste.

Bei der Annäherung an Damp traf uns - wie zu befürchten gewesen war - erst einmal ein Schock , denn Damp war komplett dichtgeparkt. Gefühlte 7000 Fahrzeuge reihten sich dicht an dicht die Straße entlang, so dass wir mit unserem Auto nicht einmal die Stadtgrenze überqueren konnten. Wir wurden etwa einen Kilometer außerhalb von Damp auf einen Parkplatz gelotst. Von dort mussten wir wieder zu Fuß gehen, was nach einem Lauf nicht gerade die angenehmste Weise ist, sich fortzubewegen. Nach einem Fußmarsch, der einem Gewaltakt gleichkam, erreichten wir endlich die Promenade von Damp, wo wir auf die anderen Läufer trafen. Gespannt warteten wir auf den letzten Läufer. Wir hielten uns startbereit. Dann bog Meike um die Ecke und lief die Promenade entlang. Wir stellten uns auf und bereiteten eine La-Ola-Welle für den letzten Läufer unseres Teams vor. Nachdem Meike uns passiert hatte, schlossen wir uns ihr an und liefen geschlossen und mit Stolz in der Brust ins Ziel.

Wir haben es geschafft - nach zehn Stunden und fünf Minuten sind wir gemeinsam angekommen! Ich bin froh ein Teil eines Ganzen zu sein und es erfüllt mich mit Stolz, das miterleben zu dürfen. Zum Abschluss wurden noch einige Gruppenfotos gemacht, dann ging es leider schon wieder auf den Heimweg. Die meisten der Gruppe hatten sich noch zu gemeinsamem Grillen verabredet, an dem wir leider aus Zeitgründen nicht teilnehmen konnten. Anja und ich setzten uns wieder ins Auto und fuhren nach Wedel zurück.Mit den Medaillen um den Hals und der guten Stimmung im Herzen freuen wir uns auf das Jahr 2017, in dem wir garantiert wieder dabei sein werden.

Leif